Mobile Sicherheit: Keine Angst vor „Talking Angela“

Im Angesicht von ständiger Überwachung durch NSA und Co. sowie Pädophilie-Skandale und sonstige Mauscheleien in den höchsten Kreisen der Politik kann man schon mal paranoid werden. In den vergangenen Wochen sorgte die Mobile-App „Talking Angela“ für ein absurdes Maß an Aufsehen in sozialen Netzwerken. Das Handyspiel, das vornehmlich an Kinder gerichtet ist, geriet in die Schlagzeilen, nachdem irgendjemand auf Facebook verbreitete, die App habe nichts Gutes mit den Kindern im Sinn. Dass daraufhin tausendfach verbreitete Mantra besagt, die App sei von einem Pädophilen aus den USA gehackt worden, der den Kindern persönliche Informationen entlockt und heimlich Fotos über die Handykamera macht. Was ist dran an der Gefahr „Talking Angela“? Während es immer gut ist, in Fragen von Erziehung und Internet Security lieber übervorsichtig als zu nachlässig zu sein, erweist sich die panische Entrüstung rund um die sprechende Katze – insbesondere bei genauerer Betrachtung – als reichlich absurd.

Die Pädophilie in ihren Augen

„Talking Angela“ funktioniert wie auch ihr männlicher Counterpart „Talking Tom“, der ebenfalls unter Pädophilie-Verdacht steht, ganz einfach: Die schöne Katze sitzt in einem Pariser Café und der User kann sie streicheln, umkleiden, mit Essen versorgen und vor allen Dingen mit ihr reden. Gesprochen wird dabei über die Schule, Hobbys und Interessen, Haustiere, Essen, Kleidung und sonstige Alltagsbelange. Selbst wenn man den Kindermodus abschaltet, bleibt die App absolut harmlos und Angela erzählt auch mal von Jungs, Dating und Parties, bleibt dabei aber stets weit über der Gürtellinie. Nun wollen einige besonders paranoide Smartphone-Nutzer in den Augen der charmanten Katze etwas Mysteriöses entdeckt haben: Angeblich soll dort das Antlitz einer Person zu sehen sein, das auch prompt als ein 67-jähriger, verurteilter Pädophiler identifiziert wurde. Der Mann habe die App gehackt und spioniere nun die Kinder aus. Weshalb er dazu ein Bild von sich in die Pupille der Katze packen sollte, ließen die Verschwörungstheoretiker offen. Ebenso wurde missachtet, dass der Mann aktuell eine mehrjährige Haftstrafe absitzt, wo er sicherlich keinen Zugriff auf diverses Hacker-Equipment hat.

Entwarnung durch Experten

Die irrationale Panikwelle ist inzwischen schon so weit gerollt, dass sich nun selbst Experten zu Wort melden müssen, um verängstigte Eltern zu beruhigen und die Angelegenheit aufzuklären. So hat sich z.B. Paul Ducklin vom Antivirus-Hersteller Sophos, der mit „Naked Security“ einen der beliebtesten Internet Security Blogs der Welt betreibt, dem Thema gewidmet und gibt amüsiert und auch ein wenig irritiert über die hohen Wellen, die die harmlose Katze geschlagen hat, eindeutig Entwarnung. Er erklärt die App für gutartig und die Hersteller, das amerikanische Unternehmen Outfit7, für seriös. Talking Angela, Talking Tom und ihre Freunde seien vor einiger Zeit schon einmal ähnlichen Vorwürfen ausgesetzt gewesen, aber auch damals erwies sich die Vermutung schon als an den Haaren herbei gezogen.

Roboter statt Kinderschänder

Auch Outfit7 haben inzwischen Stellung zu den Vermutungen genommen. Mitbegründer und CEO Sam Login versichert, dass die App auf einer Chatbot-Software basiert, bei der es überhaupt nicht möglich ist, sie auf irgendeine Weise durch Hacking-Attacken zu manipulieren oder sie gar zu verwenden, um die User auszuspähen oder zu beobachten. Das Unternehmen erklärte die Privatsphäre der Nutzer zur höchsten Priorität und stellte klar, dass die Software so ausgerichtet ist, dass möglichst wenige persönliche, einer bestimmten Person zuordenbare Informationen von der sprechenden Katze entlockt werden. Er fügte hinzu, dass sich die Software-Entwickler in Zukunft noch mehr um die Sicherheit ihrer Programme bemühen wollten. Damit wäre das Problem ja nun aus der Welt geschafft und die Panik darf wieder abklingen. Selbst wenn es möglich wäre, die App für finstere Zwecke zu missbrauchen, hätte der 67-jährige, pädophile Gefängnisinsasse wohl einiges zu tun: Gleichzeitig mit 57 Millionen Nutzern zu chatten und sie zu überwachen, ist ein echter Knochenjob.

Gastbeitrag via www.netzsieger.de

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